Olympiastützpunkt Brandenburg

Herr Lausch, mit welchen Erwartungen blicken Sie den am Freitag beginnenden Olympischen Spielen in London entgegen?

Ich freue mich natürlich auf dieses Großereignis und darüber, dass insgesamt 28 Sportler aus dem Land Brandenburg in London antreten werden. Deren Wettkämpfen blicke ich natürlich besonders gespannt entgegen.

Wird bei diesen Wettkämpfen in London auch die Arbeit des Olympiastützpunktes Brandenburg auf dem Prüfstand stehen?

Wenn unsere Athleten dort gut abschneiden, dann haben wir gut gearbeitet. Als Olympiastützpunkt sind wir allerdings eine Einrichtung, die längerfristig arbeitet als nur auf einen solchen Höhepunkt wie jetzt in London hin. Wir sind einer von insgesamt 19 Olympiastützpunkten in Deutschland, die seit 1991 über viele Jahre eine stabile Entwicklung haben.

Kann man in etwa eine Summe nennen, die nach Peking 2008 benötigt wurde, um jetzt erfolgreiche Sportler des Landes nach London schicken zu können?

Eine Summe kann man schwer nennen, denn hier greifen viele Einrichtungen wie ein Zahnrad ineinander. Wir haben im Land Brandenburg beispielsweise die Sportschulen und Fördereinrichtungen wie die Sportfördergruppe der Bundeswehr, die Landesfeuerwehr, die Bundes- und künftig auch die Landespolizei. Wir haben die Kooperation mit Hochschulen und Universitäten sowie Ausbildungseinrichtungen. Dies alles wirkt komplex für die Entwicklung der Athleten. Viele leisten ihren Beitrag und das ist nicht immer in Zahlen auszudrücken.

Das Olympiateam des Landes Brandenburg in London umfasst offiziell 25 Aktive. Sind Sie damit zufrieden?

Ja. Nachdem sich die Spielsportarten Fußball und Handball – mit denen wir fest gerechnet hatten – nicht qualifizieren konnten, entspricht diese Zahl schon unseren Vorstellungen.

Welche Medaillenbilanz erhoffen Sie sich für die Sportler des Landes in London?

Wir wollen zehn Medaillen erreichen, davon drei goldene – das ist eine hohe Zielstellung. Nun geht es darum, dass die Sportler am entscheidenden Tag auch ihre Bestleistung abrufen können. Alle haben gut trainiert, aber es ist ja so, dass man auch mit einer neuen persönlichen Bestleistung Vierter werden kann. Dann hat der Athlet natürlich nicht enttäuscht.

Vor vier Jahren in Peking waren 22 Potsdamer dabei, vor acht Jahren in Athen 19, jetzt sind es ohne Ersatzkanute Ronald Verch 13.

Diesmal macht sich beispielsweise der Einbruch im Rudern bemerkbar. Insider wissen ja, dass mit dem Weggang der Trainerin Jutta Lau 2009 aus Potsdam im Verein umstrukturiert wurde und vom Deutschen Ruderverband andere Schwerpunkte gesetzt wurden. So haben wir mit nur zwei Ruderinnen diesmal erheblich weniger dabei als 2008. Ansonsten sind wir mit insgesamt zehn Sportarten weiter relativ stabil; das ist gemessen an den 18 Schwerpunktsportarten, in denen wir Athleten betreuen, recht ordentlich und bewegte sich in der gleichen Größenordnung wie bei den vergangenen Olympischen Spielen.

Gibt es eine oder mehrere Sportarten, in denen man sich eventuell auch Aktive bei Olympia in London erhofft hätte?

Man hofft immer auf mehr, aber das hängt auch nicht immer von den betreffenden Vereinen ab. Dass die Fußballerinnen fehlen, liegt am frühen Scheitern der Nationalmannschaft bei der letzten WM und nicht an der Arbeit, die Bernd Schröder und der ganze Verein Turbine Potsdam leisten. Die ist nach wie vor ausgezeichnet.

Mit den 13 Potsdamer Aktiven kommen mehr als die Hälfte des Brandenburger Teams aus der Landeshauptstadt. Überrascht Sie das?

Es entspricht dem Trend der letzten Jahre, wobei Potsdam besonders stark durch die Kanuten vertreten wird. Sie haben noch mal eins draufgesetzt und sind in neun der zwölf olympischen Klassen, die der Deutsche Kanuverband besetzt, vertreten. Das hat mit den guten Bedingungen, aber natürlich vor allem mit der guten Arbeit der Trainer hier in Potsdam zu tun. Gefreut haben wir uns auch darüber, dass diesmal ein Moderner Fünfkämpfer bei Olympia dabei ist. Das ist ja auch so eine Erfolgsgeschichte in Potsdam, wie sie die Triathleten vor vier Jahren schrieben. Diese beiden Sportarten haben mit relativ wenig Unterstützung begonnen und sich zu soliden Nachwuchs-Bundesstützpunkten entwickelt. Stefan Köllners Olympia-Teilnahme ist nun die Krönung dessen und zeigt, dass dieses Konzept aufgegangen ist.

Wie ordnen Sie Sportler wie die beiden Leichtathleten Thomas Schneider vom Dresdner SC und Markus Münch von der LG Wedel/Pinneberg sowie die Radsportlerin Madelaine Sandig vom SSV Gera ein, die Ihr Olympiastützpunkt mit betreut, die aber für Vereine anderer Bundesländer starten?

Wir sind eine bundesdeutsche Spitzensporteinrichtung, die Kaderathleten unabhängig von ihrer Vereinszugehörigkeit fördert. Daher betreuen wir auch die drei genannten Sportler, die in Potsdam beziehungsweise Cottbus leben und täglich trainieren und unsere Unterstützung erhalten.

Besteht da die Gefahr, dass sich hinterher verschiedene Olympiastützpunkte um deren eventuelle Erfolge streiten?

Nein. Grundprinzip ist ja: Wo findet das tägliche Training statt? Am Ende geht es um Athleten, die durch die Möglichkeiten im deutschen Sport vorbereitet werden – und das ist das Entscheidende.

Nach Olympischen Spielen steht jedesmal die Gretchenfrage im Raum: Was wird im bevorstehenden Olympia-Zyklus noch gefördert? Ist eine Sportart im Land nach London gefährdet?

Nein. Die Spitzensportverbände und das Bundesministerium des Innern haben bereits signalisiert, dass die bisher geförderten Sportarten in Potsdam, Cottbus und Frankfurt auch in den kommenden vier Jahren gefördert werden sollen. Über die genaue Höhe der Zuwendungen wird im Herbst gesprochen, da wird es eventuell hier etwas mehr und dort etwas weniger geben. Aber es wird ja der gesamte Zyklus betrachtet und nicht nur das eine Jahr, auch wenn die Olympischen Spiele der Höhepunkt sind. Wir haben eine solide, langfristig ausgerichtete Konzeption, über die Sportschulen Talente weiter zu entwickeln.

Welche Wettkämpfe werden Sie sich selbst bei den Olympischen Spielen angucken?

Ich werde ab 4. August eine Woche in London weilen und will mir dort die Kanuten angucken, werde beim Radsport sein, beim Turnen und bei der Leichtathletik. Ich war bei den drei vergangenen Olympischen Spielen immer als internationaler Funktionär im Boxsport im Einsatz und bin dankbar, es diesmal nicht zu sein, weil ich dadurch mal in den Genuss komme, auch andere Wettbewerbe live zu sehen.

Das Interview führte Michael Meyer von den Potsdamer Neuesten Nachrichten (www.pnn.de)