Zum inzwischen neunzehnten Mal haben die märkischen Sportfans ihre beliebtesten Sportlerinnen, Sportler und Teams gewählt. Bei den Mannschaften triumphierte einmal wieder Turbine Potsdam. Die ersten Plätze der Einzelwertungen gingen dagegen an Newcomer.
„Ich bin ein einziges Nervenbündel“, hatte sie am Abend davor den Reportern gebeichtet. Am nächsten Morgen auf dem Rennkanal in Poznan war davon allerdings nichts mehr zu spüren. Im Finale über 1000 Meter paddelte Franziska Weber in diesem Sommer souverän zur WM-Goldmedaille. Das war die Kanu-Sensation des Jahres, nicht nur weil die 21-jährige Potsdamerin bei ihrem Gold-Rennen die mehrfache Weltmeisterin Katalin Kovacs aus Ungarn eindrucksvoll abgehängt hatte.
Für die Insider war es jedoch alles andere als eine Sensation. Schließlich paddelt „Franzi“, wie sie ihre Freunde nennen, seit über zehn Jahren. Ihr Trainer beim Kanuclub Potsdam, Eckehardt Sahr, ist zugleich auch Bundescoach. Nicht nur er traut der jungen Potsdamerin weitere Triumphe zu, nicht zuletzt auch in anderthalb Jahren bei den Olympischen Spielen 2012 in London. Franziska Weber ist, nebenbei gesagt, die vierte Kanutin, die von den Brandenburgern zur Sportlerin des Jahres gewählt wurde. Zuvor gelang das der legendären Birgit Fischer sogar vier Mal, Katrin Wagner-Augustin brachte es auf zwei Umfrage-Siege und im vergangenen Jahr war Fanny Fischer als Siegerin aus der Abstimmung hervorgegangen.
Starke Leichathletinnen
Auf den Umfrage-Plätzen zwei und drei landeten zwei Leichathletinnen, Melanie Seeger und Claudia Hoffmann. Hoffmann war bei der Europameisterschaft in Barcelona mit der deutschen 4-mal 400-Meter-Staffel zur Silbermedaille gelaufen. Die 27-jährige Sportsoldatin hatte zuvor in ihrer Karriere manche Rückschläge erlebt. In Barcelona dann hat es „endlich, endlich geklappt“, wie Hoffmann jetzt noch strahlend erzählt.
Mit Melanie Seeger dagegen hatten manche wohl schon nicht mehr geplant. Die Potsdamer Geherin schien am Ende ihrer Karriere angelangt. Bei Olympia 2004 noch Fünfte über die 20 Kilometer, landete sie vier Jahre später in Peking weit hinter den Medaillenrängen. Als Seeger dann im Sommer 2009 auch noch Töchterchen Helena zur Welt brachte, stellten Sporthilfe und Land Brandenburg die finanzielle Unterstützung ein. Was folgte, war „ein verdammt hartes Jahr“, wie Seeger sagt.
Vieles habe sie anders gemacht, als in den zwanzig Jahren Leistungssport zuvor. Am Ende ging die bereits Abgeschriebene bei der EM in diesem Sommer den Wettkampf ihres Lebens. Im Ziel riss sie ihre Arme hoch, weinte und lachte zugleich über ihren vierten Platz über 20 Kilometer. Nur drei russische Vollprofi-Geherinnen waren besser als die Grundschullehrerin aus Potsdam. Die ungewöhnliche Karriere der 33-jährigen würdigten die märkischen Sportfans nun mit Platz zwei bei den Sportlerinnen.
Platz eins für „Sunny-Boy“
Bei den Männern siegte mit großem Vorsprung Turn-Shootingstar Philipp Boy. Bei der WM in Rotterdam war der 23-Jährige aus dem Schatten von Vorturner Fabian Hambüchen hervorgetreten, als er überraschend Silber im Mehrkampf gewann. Bronze mit der Mannschaft und Platz vier am Reck komplettierten die starke Bilanz des Cottbussers. Für Athleten und Turnfans gilt der Lausitzer wegen seiner freundlichen Art längst als der „Sunny-Boy“. Noch nie zuvor übrigens war ein Turner ganz vorn in der Publikumgunst der Brandenburger Sportanhänger gelandet.
Auf dem zweiten Platz dagegen ein alter Bekannter: Bob-Anschieber Kevin Kuske, der in den vergangenen Jahren sogar drei Mal Umfrage-Sieger geworden war. Von den Olympischen Winterspielen im Februar in Vancouver war Kuske mit Gold und Silber zurückgekehrt. Und während sein Chef im Bob, der Thüringer Andre Lange, seine Karriere gerade beendet hat, rast Kuske auch weiter durch die Eiskanäle. Jetzt mit einem neuen Piloten. Umfrage-Dritter schließlich wurde der Kanute Ronald Rauhe, der nach langer Verletzung in diesem Jahr erfolgreich aufs Wasser zurückkehrte und WM-Silber erpaddelte.
Achter Titel für Schröders Frauen
Den Umfrage-Erfolg für die Potsdamer Kanuten komplettiert der dritte Platz für den KC Potsdam bei der Wahl der beliebtesten Mannschaften. Knapp davor im Umfrageergebnis die Turner vom SC Cottbus. Die absolute Nummer eins in der Publikumsgunst aber waren mal wieder die Fußballerinnen vom 1. FFC Turbine Potsdam, zum achten Mal seit 2002. In diesem Jahr hatten die Spielerinnen von Trainer Bernd Schröder Millionen Fernseh- zuschauer in Atem gehalten, als sie in einem dramatischen Elfmeterschießen das Finale der Champions League gegen Olympique Lyon gewannen. Auch der nationale Meistertitel im Frauenfußball war im Frühjahr mal wieder an die Havel gegangen.
Für das neue Jahr haben einige der Kickerinnen noch ein ganz besonderes Ziel – mit der DFB-Elf Weltmeister im eigenen Land werden. Sechs oder sieben seiner Spielerinnen dürften wohl im WM-Team sein, schätzt Trainer Schröder, wenn die deutschen Frauen im kommenden Sommer versuchen ihren dritten WM-Titel in Folge zu erringen.
Apropos Zukunft. Von der war ausgesprochen oft die Rede bei der feierlichen Brandenburger Sport-Gala am Sonnabend im Inselhotel Hermannswerder. Über 80 Brandenburger Sportlerinnen und Sportler, so hieß es, könnten sich reelle Chancen ausrechnen für Deutschland bei Olympia 2012 an den Start zu gehen.
Andreas Ulrich