Olympiastützpunkt Brandenburg

Die deutschen Boxer sind am Freitag ohne ihre erste Garde zur Europameisterschaft nach Ankara geflogen. Nur „zweite Wahl“ zu sein, ficht Eric Brechlin nicht an. Der 20-jährige Superschwergewichtler aus Frankfurt (Oder) erlebt in der Türkei

seine erste große Feuerprobe bei den Männern. „Das wird für mich das absolute Highlight sein“, freut sich der Sportschul-Abiturient und Mechatroniker-Azubi beim IHP schon seit Wochen. Zwar waren die letzten Vorbereitungstage in Hennef stressig, „aber das musste sein“, zeigt er großes Verständnis. Das Sparring der Deutschen mit Franzosen, Holländern, Moldawiern und Rumänen sei niveauvoll gewesen. Die Ring-Übungen vor allem mit dem langen Franzosen Tony Yoka, Vize-Weltmeister der U 19 und Sieger der olympischen Jugend-Spiele von Singapur, haben ihm viel gegeben. „Hier und da muss ich noch an Verbesserungen arbeiten, will aber einige EM-Runden in Ankara überstehen“, gibt sich der Brandenburg-Cup-Gewinner und
U-19-Vizeweltmeister von 2008 kämpferisch.
„Eric ist noch sehr jung gerade für die höchste Gewichtsklasse, da fehlt es noch an Stabilität, an Reife“, urteilt Michael Stachewicz. „Dennoch bin ich mit seinem Trainingszustand vor der EM zufrieden“, schätzt der Coach ein. „Natürlich wächst der nervliche Druck, obwohl man mit ihm keine Medaillenhoffnungen verbindet.“ Körperlich ist der 112-Kilo-Mann, der in der Bundesliga für Babelsberg in den Ring klettert, robust, hatte keine ärgeren Verletzungen. Nur der Blutdruck macht ihm Sorgen. Zu hohe Werte (um die 130/140) sind beinahe schon permanent. Ein Messgerät hat er ständig zur Hand. „Sollte sein Blutdruck vor dem Wettkampf noch ansteigen, muss er eben eine halbe Tablette mehr nehmen“, weiß der Trainer aus Erfahrung.
Beim Round-Robin-Turnier mit England, Irland und zwei deutschen Teams hatte Brechlin gegen den erfahreneren Erik Pfeifer (Lohne) und den Westfalen Johann Witt verloren, gegen den Iren McMonagle gewonnen. Witt setzte sich jetzt beim internen Ausscheidungskampf in Hennef gegen den Chemiepokalsieger Kevin Künzel (Schkopau) durch, startet als 88-Kilo-Mann nun bei der EM als Schwergewichtler. Im 69-Kilo-Limit hatte Arayk Marutjan gegen Vjacelav Kerber das bessere Ende für sich. Der erst
18 Jahre alte Schweriner war nach seinem DM-Titel in das Weltergewicht aufgestiegen.
Gemeldet für das Turnier von heute bis 24. Juni haben 258 Boxer aus 39 Ländern. Eric Brechlin hat morgen 21. Geburtstag. „Vielleicht kann ich mir da mit einem Auftaktsieg das beste Geschenk selbst machen“, hofft er. Nicht nur Vater Jörg und Mutter Anke in Potsdam drücken die Daumen, auch Onkel Raik in Neubrandenburg, Oma Elisabeth und Opa Otto in Mecklenburg sowie Freundin Cassandra, die gerade ihr Abitur in Strausberg absolviert und gern Psychologie studieren möchte.
Die EM in der Türkei ist das erste große internationale Kräftemessen des vorolympischen Jahres. Der DBV wird dort alle zehn Gewichtsklassen besetzen.Die erste deutsche Garde um Europameister Denis Makarov wird in Ankara nicht in den Ring steigen. Der Bantamgewichtler aus Velbert wurde wie neun weitere Boxer bereits für die Weltmeisterschaften im Herbst in Aserbaidschan nominiert, darunter auch der Frankfurter Halbweltergewichtler David Müller (startet weiter für seinen Heimatverein Saalfeld). In Baku wird ein Großteil der Londoner Olympia-Tickets vergeben.

 

Frankfurt/Hennef (moz)

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